Business Coaching? So erkennst du schwarze Schafe

Red Flags bei Online Business Coaches
Ina Mewes

Im Moment wirbelt die neue Folge vom ZDF Magazin Royale mit Jan Böhmermann ziemlich viel Staub im Coaching-Markt auf. Worum geht es? Um die Geschäftspraktiken einiger Online-Business-Coaches. Wie Ina so ist, möchte sie auch ihren Senf dazu abgeben. Und damit das hier nicht nur ein persönlicher Rant wird, erkläre ich dir noch, worauf du achten solltest, um nicht in die Falle zu gehen.

Worum geht es eigentlich?

Ganz schön harter Tobak, den Jan Böhmermann und sein Team da auffahren. Denn wenn du so gar keine Ahnung von Online-Business und dem Coaching-Markt hast, entsteht durch die Folge schnell der Eindruck, dass Business-Coaching ansich das Problem ist und die dort genannten Geschäftspraktiken Standard wären. Will heißen, wer online sein Geld verdienen will, ist entweder selbst nicht ganz sauber unterwegs oder an jeder Ecke in Gefahr, von solchen virtuellen Wegelagerern abgezockt zu werden.

Ganz simpel ausgedrückt, ich hatte nach der Ausstrahlung erst einmal 2 Tage damit zu tun, meiner Familie und Freunden zu erklären, dass diese Praktiken eben nicht der Normalfall sind und ich nicht seit mehr als drei Jahren über den Tisch gezogen werde. Ok, wäre das der Fall, wäre ich seit 2 Jahren und 10 Monaten bereits pleite und mein Podcast würde sich wohl maximal um die besten 2-Euro-Rezepte drehen.

Aber von vorn: Das Team von Magazin Royale hat sich einen Teil der Coaching-Branche vorgenommen, den auch ich mit ganz viel Unmut wahrnehme. Selbsternannte Business-Coaches, deren Geschäftsmodell darin besteht, den Menschen, die frisch ins Online-Business eingestiegen sind oder dort einsteigen wollen, schnelle, sichere und hohe Gewinne zu versprechen, abzukassieren und dann nur heiße Luft zu liefern. Das ganze kombiniert mit dubiosen Geschäftspraktiken, wie zum Beispiel einem nicht vorhandenen Widerspruchsrecht.

Den Beitrag findest du in der ZDF-Mediathek. Ich warne aber gleich: der ist zwar gut gemacht und trifft in manchen Punkten auch zu. Er ist aber in meinen Augen nicht gut recherchiert, weil wichtige Informationen einfach fehlen. Genau die möchte ich dir hier geben. Und dir die klassischen Red Flags zeigen, also Zeichen, an denen du wirklich erkennst, dass ein Angebot eher mit Misstrauen zu betrachten ist.

Copecart ist das Monster

Erstes Problem: Der Beitrag bezieht sich auch auf die Coaches, vor allem aber auf das Unternehmen Copecart. Allein damit zeigt sich für mich, dass die Redaktion entweder nicht gut recherchiert hat oder das System nicht versteht.

Soweit ich das einschätzen kann, ist Copecart ein Zahlungsanbieter wie viele andere. Die meisten Online-Unternehmen arbeiten mit Zahlungsdienstleistern. Denn hey, wer hat schon Lust, den ganzen Tag Rechnungen zu schreiben, Kreditkartenzahlungen der Kunden zu verwalten, Überweisungen zu prüfen und Co. Genau diesen Teil übernehmen die Zahlungsdienstleister. Als Coach, Kursanbieter oder Berater stellst du dort dein Angebot ein und kannst entscheiden, wie die Abwicklung laufen soll.

Variante 1: der Zahlungsanbieter übernimmt wirklich nur die Zahlungsabwicklung. Ich bin Vertragspartner gegenüber meinen Kunden und muss mich dementsprechend auch um Rechnungslegung, Steuern und Co. kümmern.

Variante 2: Ich gebe diesen Teil ab, werde also quasi zum Dienstleister. In dem Moment sind dann Copecart, Elopage oder wie auch immer sie heißen, Vertragspartner gegenüber dem Kunden und übernehmen quasi den ganzen Kram im Hintergrund. Liefern muss natürlich immer noch ich.

Das ist eine völlig normale und gängige Praxis und in keinster Weise nur bei Copecart so oder unethisch.

Online-Business-Coaches sind geldgeile Betrüger

Ok, du merkst schon an der Art und Weise, wie ich hier übertreibe, dass das Bullshit ist. Das ist ungefähr so, als würde ich behaupten, alle Zahnärzte hätten eine sadistische Ader. Ja, mein Zahnarzt in Kindertagen, der muss solche Anflüge gehabt haben. Aber sind deshalb alle so?

Böhmermann hat in meinen Augen leider versäumt, deutlich zu machen, dass es um eine ganz bestimmte Sorte Online-Business-Coaches geht. Nämlich die, die dir schnelles Geld in kurzer Zeit versprechen, bei denen das System aber in erster Linie davon lebt, dass sie die Leute verarschen.

Der Klassiker wurde ja in der Sendung vorgestellt: In sechs Wochen zu deinen ersten 10.000 € – ganz einfach, indem du fünf gut zahlende Neukunden für das Programm gewinnst. Die dann auch ihre ersten 10.000 € machen, indem sie … du hast das Prinzip erkannt. Das läuft unter Schneeballsystem und hat null mit ehrlichem oder ethischen Geschäftsgebahren zu tun.

Die andere Variante durfte ich bei meinen Kunden immer mal wieder kennenlernen. Das sind dann so Drei-Monats-Programme, in denen ihnen eine enge Betreuung versprochen wird, wo ihnen dann aber einfach eine sehr aggressive Marketingstrategie vorgesetzt zur Umsetzung vorgesetzt wird, der Rest ist “Mindset-Arbeit” a la, “du musst es nur genug wollen, dann kommt das”. Und wenn sie dann am Ende eben nicht erfolgreich waren, ist halt das Mindset schuld. 

In allen Fällen werben diese Leute mit ihrem enormen Erfolg, der Kohle, die sie schon gemacht haben, die krassen Autos die sie fahren, der Privatjet im Hintergrundbild, die Reisen, die sie sich gerade entspannt leisten können, während die Kasse automatisch plingpling macht. Mag sein, dass die Kohle tatsächlich da ist. Sie ist aber nicht durch solide Arbeit entstanden, sondern einfach durch Abzocke von Gutgläubigen.

Und wie unterscheidest du jetzt die Abzocker von soliden Business-Coaches?

Mach deine Hausaufgaben!

Schritt 1: Recherche

Das Internet gibt vieles preis. Schau dir das LinkedIn-Profil an, google Kundenmeinungen (nicht nur die Hochglanzkundenstimmen auf der Homepage), schau, ob du Leute findest, die schon im entsprechenden Programm waren und dir vielleicht erzählen, wie es war. Bevor ich zum Beispiel bei meiner Mentorin ins Programm gesprungen bin, habe ich diverse Erfahrungsberichte zu genau diesem Programm als Blogbeitrag gefunden und konnte mir so ein grobes Bild machen.

Wo ist dein Favorit schon als Speaker oder Rednerin aufgetreten? Welche Auszeichnungen haben sie bekommen? Wer hat diese Auszeichnung vergeben? (Der im Beitrag von Böhmermann genannte Sales Award von Copecart ist zum Beispiel kein Qualitätssiegel, sondern zeigt nur, dass der Empfänger sich gut verkauft.). 

Schau dir an, wie sie vernetzt sind. Häufig bieten sich immer die gleichen Leute gegenseitig eine Bühne und schaffen so eine scheinbare Legitimation. Findest du aber zum Beispiel Beiträge in Business-Magazinen oder sogar in der normalen Tagespresse, ist das schon was anderes.

Schritt 2: Buche nichts überstürzt

Ja, ich weiß FOMO ist ein extremer Trigger. Aber ganz ehrlich? “Diese Chance gibt es nur dieses eine Mal! Wenn du jetzt nicht dabei bist, stirbt ein Einhorn” … ja, nee, ist klar. Die meisten Angebote kommen wieder, und wärst du nicht zufällig darüber gestolpert, ja was. Ginge die Welt unter?

Was ich damit sagen will: Wenn da nur ein klitzekleines Fünkchen Bedenken bei dir aufploppt, dann nimm dir die Zeit für den Kontakt zum Salesteam oder zum Support und frage nach. Hast du im Gespräch das Gefühl, dass dir alle Bedenken ausgeredet werden und es nur ums Verkaufen geht – Abstand! 

Ist es Aufgabe des Salesteams Verkäufe zu machen? Logisch. Ich kann aber aus eigener Erfahrung sagen: ein seriöser Coach wird dich darauf hinweisen, wenn es tatsächlich nicht passt. Allein schon, weil er oder sie sich keinen Gefallen damit tun, mit Leuten zu arbeiten, bei denen es keinen Sinn ergibt.

Abgesehen davon solltest du nie etwas nur buchen, weil es gerade so ein Schnäppchen ist. Entscheidend ist: bringt der Inhalt dich weiter? Würdest du zur Not auch mehr bezahlen? Falls du hier nickst, dann passt das schon eher.

Schritt 3: Wie funktioniert es?

Was du auch nachfragen darfst: welches System angewendet wird. Seriöse Business-Coaches haben kein Problem, das offenzulegen. Kommt da aber nur heiße Luft a lá – meine Wunderstrategie, die ich dir hier noch nicht verrate, weil die so geheim und genial ist … du kannst dir meinen Kommentar dazu denken.

Schritt 4: Lies das Kleingedruckte

Ja, alles. So ersparst du dir böse Überraschungen. Dort findest du übrigens auch Angaben zum Rücktrittsrecht.

Wenn wir schon dabei sind, möchte ich hier noch einen Irrglauben aus dem Weg räumen. Das 14-tägige Rücktrittsrecht ist ein Relikt aus den Zeiten, als die klassischen Drückerkolonnen dir irgendein Zeitschriftenabo an der Wohnungstür aufgequatscht haben. Oft hat man einfach nur zugesagt, weil man die Schmeißfliegen irgendwie loswerden wollte. Und zack, drin in der Abo-Falle. Um Verbraucher zu schützen, wurde dann eingerichtet, dass man eben innerhalb von 14 Tagen von solchen “Haustürgeschäften” zurücktreten durfte. Und irgendwann wurde das auch auf online geschlossene Verträge erweitert. 

Das Rücktrittsrecht bezieht sich aber nicht auf: gebucht und dann festgestellt, das gefällt mir doch nicht. Das ist eine völlig andere Kiste. Dieses Rückgabe-Recht wird von vielen Händlern und anderen Unternehmen angeboten, ist aber kein Muss und im Online-Coaching nicht der Standard. Deshalb: wenn dir das wichtig ist, lies das Kleingedruckte!

Auch wichtig, das Rücktrittsrecht darf ausgeschlossen werden. Das ist sogar sinnvoll, gerade, wenn du die Leistungen direkt nutzen kannst. Wäre ja schön blöd, wenn du einen Selbstlernkurs erwirbst, dir in den 14 Tagen alle Inhalte reinziehst und evt. sogar runterlädst und dann sagst: “Späßchen, ich will mein Geld zurück”.

Schritt 5: Rechne mit Verlusten

Wenn du in dich investierst, sei dir immer bewusst, dass es trotzdem passieren kann, dass du das Geld in den Schornstein schiebst. Denn nicht immer passt ein Programm. 

Das liegt nicht zwangsläufig am Coach, sondern kann von ganz vielen Faktoren abhängen. Ich nehme mal wieder den Vergleich zum privat finanzierten Studium. Da kannst du ja auch nicht nach drei Monaten sagen: Ah, warte, BWL ist Mist, ich will mein Geld zurück. Ja, du kannst Glück haben und kommst aus dem Vertrag raus. Es ist aber nicht selbstverständlich. 

Also überlege vor einer Investition immer genau, ob sie tatsächlich sinnvoll ist, ob du leisten kannst, was an Arbeit drinsteckt und ob du es dir finanziell tatsächlich leisten kannst, auch wenn die Ergebnisse nicht so aussehen, wie du es dir wünschen würdest.

Red Flags - Achtung Falle!

Kurz zusammengefasst, meine 5 red flags –

Der Coach hat ein super System, mit dem du GARANTIERT in kurzer Zeit richtig viel Kohle machst, selbst wenn du null Plan von irgendwas hast.

Bei Recherche findest du die Website, X Werbeanzeigen, dubiose Lobeshymnen aber keinen weiteren Content. Kein Blog, keine Beiträge auf Social Media, die einfach mal nur Mehrwert geben, ohne zu werben oder die Person als Mensch mit bestimmten Werten oder einer Meinung zum Tagesgeschehen zeigen. Mööööp, raus.

Dir wird erklärt, dass du nur jetzt, nur noch dieses eine Mal diese einmalige Chance hast und wenn du sie verpasst, geht dein Leben den Bach runter.

Der Coach ist nicht bereit, sich in die Karten schauen zu lassen. Wie genau funktioniert sein heiliges System? Ergibt das ansatzweise Sinn?

Thema Mindset – eine ständig wiederholte Aussage ist, dass du für Erfolg nur das richtige Mindset brauchst. Das ist alles. Das wirkt Wunder. Nicht falsch verstehen, Mindsetarbeit ist wichtig. Sie ist aber eben nicht der einzige Faktor.

Warum erzähle ich dir das?

So, jetzt habe ich ganz viel geschrieben und das in einem Blog zum Thema Texte fürs Business. Warum? 

Weil ich weiß, dass viele von euch nicht nur wissen wollen, wie sie gut schreiben oder sichtbar werden. Sondern eben auch andere Unterstützung suchen. Und es tut mir immer wieder in der Seele weh, wenn ich Leute treffe, die auf solche Quacksalber reingefallen sind.

Der zweite Grund ist ein anderer: ich möchte dir deutlich machen, warum es so wichtig ist, dass du mit Content rausgehst, Mehrwert bietest. Das ist wichtig für deine Sichtbarkeit. Es gibt aber Interessenten auch die Chance, dich, deine Werte, deine Arbeit kennenzulernen und so festzustellen, ob du vertrauenswürdig bist oder nicht. Ob du auch so ein kleiner Abzocker bist oder tatsächlich was bieten kannt. Eigentlich logisch oder?

Fazit

Wenn du online Geld verdienen willst, fang an, wie ein Unternehmer zu denken und zu handeln. Mach deine Hausaufgaben. Prüfe Angebote, lies das Kleingedruckte, recherchiere, wer dir hier was verspricht. Und sei dir bewusst, dass es auch sowas wie das unternehmerische Risiko gibt. Ja, du wirst immer mal wieder Geld ausgeben, für Kurse, Coachings und andere Dinge, die am Ende nichts bringen oder auf der Festplatte versauern. Das gehört dazu und ist ok. Wenn das Investment aber an die Substanz geht und dir ein bisschen beim Buchen die Augen tränen, prüfe doppelt, ob es wirklich sinnvoll ist.

So, und nun du. Was hältst du denn von den genannten Praktiken? Bist du selbst schon mal reingefallen? Lass es mich gern in den Kommentaren zu diesem Beitrag in meinem Blog wissen.

2 Antworten

  1. Hallo Ina,
    Du hast es wie immer toll auf den Punkt gebracht….. für mich als Coach, der erst seit einem Jahr selbstständig ist und versucht sich etwas aufzubauen, sind diese Angebote extrem nervig. Egal wo, Facebook, Instagram, ständig wirst du überall abgeschrieben mit „hey, wir sehen dein Potential und möchten, dass du jetzt endlich die Aufmerksamkeit bekommst, die du verdienst….“ bla bla bla. Ich habe vorher bereits 10 Jahre als Coach im Angestelltenverhältnis gearbeitet und weiß, dass es nur über Fleiß und Vertrauen geht. Und Ausdauer.
    Und wirft ein Negativbild sog Dir ganze Branche….
    Danke dir für‘s Aufgreifen dieses wichtigen Themas!
    Viele Grüße Dians

  2. Danke Dir Ina – Du hast mir aus dem Herzen geschrieben. Bin seit über 20 Jahren als Leadership Coach unterwegs und blocke konsequent all diese Anfragen von Leuten, die mich zur Millionärin machen wollen – und sich frecherweise auch noch als Coach bezeichnen.
    Danke auch für die Erklärungen zu Zahlplattformen, Rücktrittsrecht usw. Ich habe selbst schon Elopage genutzt, jetzt Digistore. Ich bin nach wie vor vollkommen geschockt über diese unsägliche Recherche bei dem von uns zwangesweise finanziertem Sender.

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About

Ina Mewes, text and sell

Ich bin Ina.

Werbetexterin, Content-Coach und Squirrel-Brain.

Ich unterstütze vielbeschäftigte Online-Unternehmerinnen dabei, mit guten Inhalten in die Sichtbarkeit zu kommen und. zu verkaufen. Ohne Content-Hustle und Überforderung.

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