Anderthalb Jahre KI – was hat sich geändert?

Anderthalb Jahre KI Blogbeitrag
Ina Mewes

Vor gut anderthalb Jahren, im November 2022 stellte OpenAI seinen AI-Bot ChatGPT vor. Erste Reaktionen, auch meine, waren eher zurückhaltend. Die Antworten, die Chatty ausgespuckt hat, waren einfach noch zu schlecht. Mit der Erweiterung auf GPT4 im Frühjahr 2023 hat sich das aber geändert und seitdem ist rund um KI ein wahrer Boom entstanden. 

Aber was bringen diese Tools tatsächlich? Können sie dir bei der Content-Erstellung oder sonst im Business helfen? Meine Einschätzung nach anderthalb Jahren gibt es heute hier.

Überall KI

Es wäre unmöglich, einen vollständigen Überblick über alle KI-Tools zu geben, die aktuell am Markt sind. Dafür sind es einfach zu viele. Deshalb beschränke ich mich mal auf die, mit denen ich mich tatsächlich schon beschäftigt habe und die auch am häufigsten Anwendung finden. Zumindest im Bereich Online-Business. Das sind in erster Linie Chat GPT, verschiedene Bild-KIs und einige Transkriptions-Tools.

Ob es sich bei diesen Tools tatsächlich um künstliche Intelligenz handelt – tja, da streiten sich die Geister. Fakt ist aber, auch wenn man diese Tools als selbstlernende Datenbanken ansieht, sind die Ergebnisse teilweise schon krass.

Bedeutet das, du kannst KI übernehmen lassen?

Bevor du jetzt denkst: “Hey, die ist Texterin, natürlich wird sie gegen KI sein, die nimmt ihr schließlich die Arbeit weg” – das ist Quatsch. Ich bin ein Riesen-Fan von Arbeitserleichterung und neuen technischen Spielereien. Und ich habe auch keine Angst, dass KI mir irgendwas wegnimmt.

Was mir eher Sorge bereitet, ist der leichtfertige Umgang damit. Das kann man jetzt richtig tief philosophisch angehen, mit der Frage, ob KI uns selbst irgendwann mal komplett abschafft. Oder mit dem pragmatischen Blick auf die aktuellen Anwendungen im Alltag.

Viele denken, mit Chat GPT kann man sich komplett die Content-Arbeit sparen.

Theoretisch funktioniert das sogar. Du kannst dir Themenvorschläge machen lassen, GPT schreibt auch gleich die Blogbeiträge und Social-Media-Posts. In der Pro-Version gibt es die Bilder ebenfalls mitgeliefert.

Klingt ein bisschen wie das Marketing-Wunderland. Und es gibt auch einige Tools, die genau das versprechen. Einmal Mini-Input und innerhalb von Sekunden hast du die Ergebnisse, die du nur noch ausspielen musst. 

Aber funktioniert das?

Eher nicht. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber mich persönlich nerven mittlerweile die ganzen überbunten, hochglanzpolierten KI-Bilder auf Social Media. Was vor ein paar Monaten noch ein absoluter Hingucker war, ist jetzt einfach Einheits-Brei. 

Und genau da liegt auch die Gefahr. Wie willst du damit einen optischen Wiedererkennungswert hinbekommen? Wenn deine yoga-entspannte Mitt-Dreißigerin irgendwie genauso aussieht wie die deines Mitbewerbers?

Bei Texten wird es noch schwieriger. Denn (wie immer liegt die Betonung auf “noch”) erkennt man ziemlich schnell, ob da ein Bot geschrieben hat oder ein Mensch. Auch hier wieder – das ist nicht wirklich hilfreich. Aus verschiedenen Gründen.

Welche Message geht raus, wenn du KI-Inhalte ohne Überarbeitung nutzt?

Zuerst einmal: welches Signal senden mir Inhalte aus, bei denen ich sofort weiß, dass KI am Werk war?

Ich weiß ja nicht, wie es bei dir ist. Für mich ist das ein Zeichen von: da wollte es sich jemand leicht machen. Qualität egal. Oder die Person ist so unsicher, dass sie lieber auf Nummer sicher geht.

Beides nicht unbedingt das, was du deinen Leuten vermitteln willst, oder?

Chatty schreibt, auch mit guter Anleitung, immer noch sehr generisch. Der Bot ist darauf trainiert, eher allgemein zu schreiben, keine Position zu beziehen oder gar zu provozieren.

Das ist so gewollt, einfach um damit nicht noch ein Tool zu haben, das radikalisiert oder dem unterstellt werden kann, Fake News oder Falsch-Aussagen in die Welt zu setzen. Das war ja nach Veröffentlichung einer der größten Kritikpunkte. Dass da Antworten kamen, die schlichtweg falsch waren. Das passiert zwar heute immer noch, wird aber seltener. Die KI lernt tagtäglich dazu. Trotzdem bleibt sie wie der Politiker im Sommer-Interview.

Allgemeines Blabla haben wir aber auch so schon genug. Damit lockst du niemanden hinterm Ofen vor. 

Das Ding mit Google

Aus diesem Umstand ergibt sich Problem Nummer zwei. Der Algorithmus straft diese Inhalte ab. Obwohl Google offiziell nichts mehr gegen KI-erstellte Inhalte hat (wäre auch unlogisch, sie arbeiten ja selbst an KI und wirklich unterscheiden wird man das irgendwann auch nicht mehr können), sind eine Vielzahl Seiten mit dem letzten Update massiv im Ranking abgestürzt. Ihre Gemeinsamkeit? Sie haben auf KI-erstellte Inhalte gesetzt.

Ja wie denn nun? Hat Google ein Problem damit oder nicht?

Wenn man die Logik hinter dem Google-Algorithmus versteht, wird nachvollziehbar, was hier passiert ist. Googles Interesse ist, bestmögliche Suchergebnisse zu liefern. Denn dann nutzen die Leute weiter die Suchmaschine und Anzeigen verkaufen sich.

Wenn die Ergebnisse aber auf einmal nur noch aus Blabla, statt wirklichem Mehrwert bestehen, ist das nicht, was Nutzer als Erfolg verbuchen.

Nicht die Masse macht’s

Ja, Google mag Aktualität. Wenn auf deiner Seite so gar nichts passiert, gehen die kleinen Robots davon aus, dass die Inhalte veraltet sind. Was blöderweise sogar meistens zutrifft 😉

Deine Inhalte sollten aber immer die Leser im Blick behalten und ihnen wirklichen Mehrwert liefern. Ansonsten fällt deine Seite durch. Optimierung für Google heißt immer, Optimierung für Nutzerinnen und Nutzer.

Und denen hilft es nicht unbedingt, dass da jetzt vielleicht dreimal so oft ein neuer Blogbeitrag erscheint. Was zählt, ist die Qualität dessen, was du veröffentlichst.

Das Ding mit dem Wording

Gute Texte – egal ob für Social Media, im Blog oder im Verkaufsprozess – sind optimal auf deine Buyer Persona zugeschnitten und klingen nach dir. Genau da versagt GPT in meinen Augen leider immer noch massiv.

Mit einem ausführlichen Briefing und ordentlich Futter zum Lernen sind die Ergebnisse teilweise wirklich brauchbar. Leider machen sich aber die wenigsten die Arbeit und hoffen mit ein wenig Input auf bombastische Ergebnisse. Sorry, da hat sich in den letzten Monaten nix geändert. Das funktioniert nicht.

Das ist wie bei Bild-KI. Haust du einen wirklich ausgefeilten und durchdachten Prompt in das Eingabefeld, kann es gut sein, dass die Ergebnisse dich vom Hocker hauen. Ein “fröhliche Yogalehrerin, Mitte 30, warme Farben” bringt es aber nicht.

Gefahren, die ich sehe

Du übernimmst einfach, weil dir das Wissen um wirklich gute Texte fehlt.

Was ich in laufenden Programmen oder bei Kunden ganz häufig erlebe: Leute arbeiten das erste Mal mit ChatGPT und sind geflasht von dem, was Chatty so ausspuckt. Das klingt für sie sooo viel besser als sie selbst es hätten ausdrücken können, so schön nach amerikanischem Werbesprech, so professionell. Und zack, werden die Texte 1:1 übernommen. Und dann wundern sie sich, warum das nicht so wirklich ankommt.

Texten, insbesondere von Marketing-Inhalten, ist mehr als nur Worte aneinanderreihen. Gute Texter sind gleichzeitig Verkaufspsychologen, Branchenkenner und Kundenversteher. Das kann ChatGPT schlicht noch nicht.

Wir haben beim Treffen unseres Berufsverbandes Text und Konzept e. V. vor ein paar Tagen das Experiment gemacht. Drei Texte zum gleichen Thema standen zur Auswahl. Alle klangen vom Prinzip her erstmal gut. Wir sollten raten, welcher davon KI-erstellt war. Und sehr wenige lagen daneben. Und auch nur, weil sie einen menschengemachten Text gewählt haben, der nicht vom Marketing geschrieben worden war, sondern von der technischen Abteilung. Wir Profis erkennen also wirklich gute Texte. Und Kunden auch. Unbewusst. Weil das die sind, die halt wirklich funktionieren.

Glattgebügelt kommt nicht an

Was viele komplett unterschätzen, ist unser immer stärkerer Wunsch nach Authentizität, Echtheit.

In einer Welt, in der gefühlt alles aufgespritzt, glattgebügelt, KI-optimiert und manipuliert ist, freuen wir uns, wenn wir zwischendurch mal über echte Menschen stolpern und Dinge sehen, bei denen wir wissen, dass sie echt sind.

Das gilt für Bilder, für Texte, für viele andere Bereiche. ChatGPT schreibt zu generisch, nutzt blöde Formulierungen und neigt massiv zu Superlativen. Das ist im Englischen jetzt nicht ganz so ungewöhnlich. Im Deutschen wirkt es aber seltsam. Unser Werbesprech, und nicht nur der, ist zurückhaltender.

Du gibst das Denken ab

Ich fand einen Beitrag von Gordon Schönwalder spannend. Am Anfang war er mega-begeistert von den Möglichkeiten von KI, insbesondere, wenn es um das Beleben eines Blogs geht. Mittlerweile schreibt er wieder selbst.

Warum? Weil er irgendwann mal ohne Internet-Verbindung dasaß und auf einmal gar nichts mehr ging. Nach einem halben Jahr Chatty schreiben lassen, hatte er komplett verlernt, selbst was in die Tastatur zu klimpern.

Du vertraust auf den Output

Das Problem besteht aber auch in anderen Bereichen. ChatGPT kann keine vernünftigen Entscheidungen für dich treffen. Es gibt allerdings mittlerweile genug Leute da draußen, die KI entscheiden lassen, welche Headline wohl am besten wäre oder welcher Social-Media-Post. Um Gottes Willen! Bitte nicht!

Oder sie nutzen ChatGPT als Recherche-Tool. Auch ein großer Fehler. ChatGPT arbeitet in erster Linie über die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten. Wenn du also eine Frage stellst, rattert im Hintergrund die KI und versucht herauszufinden, welche Antwort wohl am besten passen könnte und dir gefällt. Ob die dann stimmt, sei dahingestellt.

Wenn du recherchierst, nutze lieber weiter Google oder andere klassische Suchmaschinen. Da kommen immernoch die Ergebnisse zu deiner Frage, die schon anderen weitergeholfen haben und Google erfindet auch nicht einfach Tatsachen und präsentiert sie als echt. Chat GPT leider schon.

Wofür empfehle ich dir ChatGPT?

Wie schon gesagt: ich verteufele KI mit Sicherheit nicht. Es ist ein spannendes Thema, das man nicht ignorieren sollte. Und sie kann wirklich, wirklich hilfreich sein.

“Generative KI ist kein Ersatz für menschliche Kreativität, sondern eher ein Werkzeug, dass diese ergänzen und verbessern kann.” Dieser schlaue Satz stammt nicht von mir, sondern von Sam Altman, seines Zeichens CEO von OpenAI. Der Firma, die ChatGPT entwickelt hat.

Lass GPT also nicht deine Texte schreiben, sondern nutze es, um sie besser zu machen oder um dir beim Schreibprozess zu helfen.

Ideenfindung

Eine Sache, die ich zum Beispiel wirklich gern mit Chatty mache – Ideen brainstormen. Sei es für Blogbeiträge, für Headlines, selbst für Angebote. Dabei hilft Masse. Ich frage also ChatGPT nicht nach 3 Headline-Varianten für einen Inhalt, sondern nach 30. Und dann nochmal 30. Und wenn ich ganz doll Langeweile hab, weiteren 30.

Es ist nicht immer zwangsläufig was dabei. Häufig findet sich aber etwas, das als Arbeitsgrundlage gar nicht so schlecht ist.

Struktur

Chatty hat dir ein nettes Thema für einen Blogbeitrag ausgespuckt? Dann frag ihn, sie, es doch gleich noch nach verschiedenen Varianten, was dieser Blogbeitrag inhaltlich abdecken könnte.

Ich frage in dem Fall ganz konkret nach einer Struktur mit x Zwischen- und Unterüberschriften. Verwende ich die 1:1? Nicht wirklich. Aber es hilft mir, mich an den einzelnen Stationen inhaltlich entlangzuhangeln.

Vereinfachung komplizierter Inhalte

Geht es dir auch manchmal so? Du recherchierst, findest irgendwann eine Seite mit offenbar vernünftigen Antworten. Du verstehst aber nur die Hälfte, weil dort Fach-Chinesisch steht.

ChatGPT ist super darin, solche Inhalte vereinfacht zu erklären. Oder aus ellenlangen Texten eine Zusammenfassung zu erstellen, die die wichtigsten Kernpunkte enthält.

Wichtig dabei: du solltest den Input geben. ChatGPT selbst für Recherche zu nutzen, ist – wie schon gesagt – keine gute Idee.

Kreativer mit Worten sein

Es gibt Tage, da ist irgendwie der Wurm drin und dir fallen nicht so tolle Formulierungen ein oder du hast ständig Wortwiederholungen im Text? Dann lass Chatty übernehmen. Gib ihm grob den Inhalt deines Textes vor und für welche Worte er Synonyme finden soll, was für welche und wie viele.

Ein Prompt könnte also heißen: gib mir 10 alternative Adjektive für “schön”. Oder 10 alternative Verben für “machen”, die aktivierend klingen.

Texte überprüfen lassen

Die reine Rechtschreib-Korrektur in Word reicht normalerweise. Nutzt du aber zum Beispiel wie ich Google Docs für deine Texte, oder möchtest mehr als Kommasetzung und Rechtschreibung checken lassen, kann das Chat-GPT gut übernehmen.

Du kannst Chatty auch bitten, den Ausdruck zu prüfen und Änderungsvorschläge zu unterbreiten. Ich würde nicht darum bitten, den Text in einer bestimmten Form neu zu schreiben, sondern darum, erst einmal vorzuschlagen, damit ich gegenchecken kann.

Fleißarbeiten übernehmen

Du hast einen Text, der in der “Sie”-Form geschrieben ist und der jetzt auf “du” geändert werden soll? Bei solchen stupiden Fleißaufgaben läuft ChatGPT zur Höchstform auf. In längeren Texten, die viele Zahlen enthalten, lasse ich auch gern das Zahlenformat vereinheitlichen. Das rutscht sonst auch gern durch.

Das gilt übrigens auch für Übersetzungen. Gerade, wenn es in Richtung Englisch geht, ist ChatGPT ziemlich gut. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Sprach-KI vor allem mit englischsprachigen Texten trainiert wurde und sich deshalb hier nicht so grobe Schnitzer wie im Deutschen leistet.

Beiträge inhaltlich optimieren

Gerade Blogbeiträge leben davon, wirklichen Mehrwert zu bieten. Nicht immer haben wir aber alle Aspekte eines Themas auf dem Schirm. Deshalb gebe ich ChatGPT häufig auch einfach einen Überblick über einen Blogbeitrag und frage, welche Punkte noch zu ergänzen wären.

Und ich lass gern auch auf Wortwiederholungen prüfen und Alternativ-Vorschläge machen.

Fazit

Vor gut einem Jahr dachte ich: “wow, das kann schon was. Wenn die Entwicklung so weitergeht, nicht schlecht.” Es geht nur gefühlt gerade nicht weiter. Oder zumindest nicht in dem Tempo, dass der Sprung von GPT3.5, also der ersten veröffentlichten Version, zu GPT4 versprochen hat.

Grundsätzlich hat sich also gar nicht so viel geändert. KI ist immer noch der kleine grünohrige Praktikant, der unbedingt helfen will und keine Ahnung von dir und deinem Business hat.

KI kann unterstützen, sehr sogar. Wenn du gut mit Informationen fütterst, sehr klar kommunizierst, was du brauchst und vor allem: alles, was ausgespuckt wird, nochmal gründlich prüfst und überarbeitest.

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Werbetexterin, Content-Coach und Squirrel-Brain.

Ich unterstütze vielbeschäftigte Online-Unternehmerinnen dabei, mit guten Inhalten in die Sichtbarkeit zu kommen und. zu verkaufen. Ohne Content-Hustle und Überforderung.

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