Was erfährst du in diesem Beitrag?
Vor kurzem habe ich eine kleine Umfrage bei mir im Newsletter durchgeführt, um zu erfahren, was meinen Leuten dort unter den Nägeln brennt. Eine Frage tauchte dabei immer wieder auf: “Wie schaffe ich es, nicht zu sehr in Experten-Sprech zu fallen, unterhaltsam über mein Thema zu schreiben?”. Ganz ehrlich? Eine wirklich gute Frage, für die ich heute ein paar Tipps ausgebuddelt habe.
Eigentlich bin ich ja der Meinung, dass ich ganz gut darin bin, komplizierte Dinge und Zusammenhänge nachvollziehbar und einfach für andere zu erklären. Die letzten Wochen haben mich aber wieder einmal eines Besseren belehrt.
Ich habe in der Zeit eine ganze Reihe Tutorials, also “Schritt-für-Schritt”-Erklär-Videos für eine bestimmte Software erstellt. Die dann aber trotzdem einige Nachfragen hervorgerufen haben. Dinge, die für mich völlig logisch waren, waren es für andere offenbar nicht.
Waren die Leute zu blöd? Irgendwie dumm? Keineswegs. Sie hatten einfach nur null Erfahrung in dem Bereich, um den wir uns gekümmert haben.
Und genau das ist ein sehr gutes Beispiel für den Experten-Elfenbein-Turm. Denn da landest du schneller als du denkst.
Warum du dich damit beschäftigen solltest
Wir alle haben mehr als genug zu tun. Keiner hat Lust (verständlicherweise) sein Gehirn mehr anzustrengen als nötig. Das ist evolutionär bedingt und wohl auch einer der Gründe, warum der Mensch sich so wie er ist, irgendwie etabliert hat.
Die graue Masse da oben hat in erster Linie eine Aufgabe: uns am Leben zu erhalten. Indem sie erkennt, was gut für uns ist und wo wir eher rennen sollten. Und indem sie Energie nur in die Bereiche steckt, die überlebensrelevant sind. Futter finden, dass genießbar ist, Schutz, ein Dach über dem Kopf.
Ok. Heutzutage hat die Dramatik etwas abgenommen. Unser Gehirn tickt aber eben noch genauso wie früher. Wenn wir etwas nicht auf Anhieb verstehen, ist die Chance hoch, dass wir schnell das Interesse verlieren. Energie sparen und so.
Experten waren immer gut - wenn man sie verstanden hat
Ich bin heute mal ein bisschen philosphisch unterwegs. Ich bin ein Fan des Gedanken, dass die Natur, das Leben, rumprobiert. Überdimensionale Einzeller im Urozean waren es nicht, Dinosaurier waren auch nicht der Bringer, also geben wir mal den kleinen felltragenden Warmblütern ne Chance …
Und ich glaube auch an Darwin und seine Selektionstheorie. Heißt nicht, dass ich der Meinung bin, dass immer die Stärksten überleben sollten oder wir uns anmaßen sollten, da irgendwo eingreifen. Ich denke nur, dass die Natur weiß, was sie tut. Wir uns manchmal einbilden, es zu verstehen, aber es eigentlich nicht tun.
Puh … Ina schweift mal wieder ab. Ok. Worauf will ich hinaus?
Nehmen wir mal unsere Vorfahren.
Eine Gruppe Jäger und Sammler.
Die Jäger ziehen los. Einer von ihnen entdeckt eine Spur eines gefährlichen Raubtiers. Und fängt an, darüber fachsimpeln, ob das jetzt eine Säbelzahntigerin war, oder ein Männchen. Da die Weibchen ja erfahrungsgemäß eher friedfertig sind, zumindest solange sie keine Jungtiere versorgen müssten. Irgendwie könnte die Spur im Matsch aber auch von einer Hyäne oder einem Bären stammen. Da ist schon Wasser reingelaufen. Das muss erst einmal genauer untersucht werden … und zack – weg ist die Jägergruppe und ein paar Säbelzahntiger-Junge freuen sich über eine ausgiebige Mahlzeit.
Eine andere Gruppe, bei der die Mitglieder gelernt haben, nicht lange fachzusimpeln, sondern bei der es einen klaren Ruf gab, wenn Gefahr lauerte, hatte deutlich höhere Überlebenschancen.
Fast forward, einige Jahrtausende später. Wie viele Wissenschaftler wurden erst lange nach ihrem Tod geehrt. Weil sie etwas gefunden, entdeckt, erklärt haben, was Leben verändert. Was aber zu ihren Lebzeiten kein Schwein verstanden hat?
Du kannst das Geheimnis ewigen Lebens finden, wenn du nicht erklären kannst, wie es geht, hilft es nur wenigen.
Es muss aber nicht mal sowas Großes sein. Egal wie gut das ist, was du vermitteln willst, wenn du nicht in der Lage bist, verständlich und interessant zu schreiben,, erreichst du damit niemanden. Und das ist ja nicht Sinn der Sache.
Das Ding mit der Buyer Persona
Häufig sind unsere Ideal Clients, unsere Buyer Personas oder wie auch immer du das Bild deines Lieblingskunden bezeichnest, schon gut durch uns selbst geprägt. Entscheidest du dich, als Coach, Trainer, Berater oder wie auch immer online selbstständig zu machen, warst du früher selbst diese Persona, hast dich nur enorm weiterentwickelt.
Genau da liegt aber auch ein Problem. Denn es fällt uns wahnsinnig schwer, uns in unser altes Selbst zurückzuversetzen. Klar kann ich noch genau nachfühlen, wie blöd ich meinen Abi-Ball fand.
Ich könnte aber nicht genau bezeichnen, wann Begriffe wie “Leads”, “FOMO” oder “Funnels” Einzug in meine Wort-Welt gefunden haben. Ich sehe nur, wie schräg mich Freunde anschauen, wenn ich diese Worte nutze, um irgendwas von meiner Arbeit zu erzählen. Und genau da liegt die Crux.
Schreibe für deine Zielgruppe
Das ist das Mantra, dass Gold wert ist. Nutze die Sprache deiner Zielgruppe, deiner Lieblingskunden. Das klappt gut, wenn du dich in sie hineinversetzen kannst, idealerweise, weil du wirklich Zugang zu ihnen hast. Das funktioniert, indem du zum Beispiel immer mal wieder Umfragen in deinem Newsletter integrierst. Indem du auf Social Media Fragen stellst. Oder indem du Zugang zu Gruppen auf Social Media hast, wo deine Lieblingskunden Zeit verbringen und interagieren.
Sei mit offenen Ohren und Augen unterwegs. Ganz ehrlich? Facebook Gruppen zum Beispiel sind ein cooler Weg, um dein Angebot zu zeigen. Viel wertvoller ist aber die Chance, dort zu verstehen, wie deine Buyer Persona tickt. Was ihr wirkliches Problem ist. Wie sie es beschreibt. Was sie sich wünscht.
Schau genau hin. Diverse Beiträge werden bei dir vielleicht ein inneres kurzes Augenrollen verursachen. Weil du denkst – boah, ist doch voll logisch. Ja. Für dich. In deinem Elfenbeinturm. Für andere aber eben nicht. Und genau die kannst du abholen. Wenn du diese lange Wendeltreppe runtersteigst auf ihr Level und ihre Sprache verwendest.
Schreibe für die 12-jährige Chantal
Ok, sorry schon mal vorab für alle Frauen, die den Namen tragen. Ich hätte hier auch Kevin nehmen können. Witzigerweise sind die zwei Kevins die ich kenne, aber hochintelligente, tolle Männer. Ich kenne keine Chantal, gehe aber davon aus, dass sie auch so null dem Klischee entspricht 😉
Der beste Weg, diesen Experten-Elfenbein-Turm-Sprech zu entfliehen, ist genau dieser Weg. Schreib so, dass eine normal-begabte 12-jährige Realschülerin versteht, wovon du sprichst.
Hast du Kinder in dem Alter – perfekt, du kannst dort direkt testen. Vielleicht findet sich irgendwo ne Nichte oder ein Neffe. Falls nicht – such dir Leute in deinem Umfeld, die keine Ahnung von dem haben, was du machst. Selbst wenn sie deutlich älter als 12 sind, sind sie die perfekten Sparring-Partner für dich.
Die Idee, für 12-jährige zu schreiben, hat einen ganz banalen Hintergrund. Je älter wir werden, umso mehr spezialisieren wir uns. Krabbeln in unserem Elfenbeinturm nach oben. Lernen Fachbegriffe, sammeln Wissen. Egal ob Hausmeister, IT-Experte, Hundetrainer oder Online-Unternehmer.
Deine Buyer Persona, Lieblingskundin, kann all das sein. Und sie ist dankbar, wenn sie nicht erst googeln muss, um bestimmte Begriffe bei dir zu verstehen. Das ist kein Zeichen von mangelnder Intelligenz, sondern nur davon, dass dein für dich selbstverständliches Thema eben nicht für jeden selbsterklärend ist.
Es geht um das Ergebnis
Ich glaub, ich hab das hier schon hundert Mal gesagt, wiederhole es aber, weil es so enorm wichtig ist.
Du hast eine Methode, ein Prinzip, ein Werkzeug gefunden, dass ein wenig wie ein heiliger Gral funktioniert. Das ist wunderbar. Interessiert aber kein Schwein.
Natürlich ist es super, wenn du auf deinen Verkaufsseiten für dein Angebot von “Methode xy” erzählen kannst. Aber nicht am Anfang. Denn die steht nicht im Fokus
Zuerst einmal sind Menschen daran interessiert, was sie erreichen können. Da ist die Methode völlig Wurscht.
Deine Inhalte, egal ob in Blogbeiträgen oder auf Social Media, wenden sich nicht an andere Experten deiner Branche, sondern an ganz normale Leute, die vielleicht bisher noch nie oder wenig von deinem Thema gehört haben. Wenn du es schaffst, immer wieder deutlich zu machen, warum es sich lohnt, mit dem Thema zu beschäftigen und es den Leuten dabei leicht machst, zu verstehen, hast du die wichtigste Hürde genommen.
Praktische Tipps gegen Expertensprech
Es gibt ein paar ganz gute Methoden, mit denen du deine Texte verständlicher hinkriegst und angenehmer zu lesen. Zuerst, wie gesagt, schreib für Chantal und nutze die Sprache deiner Lieblingskunden, wenn es darum geht, das Problem und den gewünschten Outcome zu beschreiben.
Geh deine Texte durch. Wenn du (wie viele) zu endlosen Schachtelsätzen neigst, löse sie auf. Sätze, die länger als zwölf bis dreizehn Worte sind, sollten auf den Prüfstand. Enthalten sie überflüssige Füllwörter? Kannst du sie teilen oder einkürzen?
Schreibe aktiv
Was ist damit gemeint? Schmeiß das Wörtchen “man” raus und ersetze es durch direkte Ansprache. Die direkte Ansprache holt Leser mehr ab. Ist ja auch logisch.
Wo es möglich ist, ersetze Substantivierungen. Die wirken professionell – im akademischen Rahmen. Aber über den reden wir hier nicht. Hier geht es um Texte für jedermann. Fast immer finden sich für Formulierungen, die auf -ion -ung enden, andere Schreibweisen, die sich nicht ganz so sperrig und holperig lesen.
Beispiel? Nutze die Zeit regelmäßig für Selbstreflexion und Hinterfragung deiner inneren Werte. Hmpf, das geht besser. Nutze die Zeit regelmäßig, um dich selbst zu reflektieren und deine inneren Werte zu hinterfragen. Klingt besser und aktiver.
Noch ein bisschen eleganter – das “um zu” darf auch raus. So wird aus dem Satz: Nutze regelmäßig die Zeit, indem du dich selbst reflektierst und deine inneren Werte hinterfragst.
Prüfe Fremdwörter und Anglizismen
Das ist die Falle, in die die meisten von uns stolpern. Kein Wunder. In der Schule haben wir ja gelernt, dass die Nutzung von Fremdwörtern was Gutes ist und unsere Texte so gleich professioneller, wissenschaftlicher klingen. Du schreibst aber heutzutage keine Fachaufsätze.
Viele Fremdwörter werden dir als solche gar nicht mehr bewusst auffallen, da du sie täglich nutzt und sie in deinem Bereich auch selbstverständlich sind. Das Gleiche gilt für Anglizismen. Wenn du vorhin aufgepasst hast, ist es dir vielleicht aufgefallen. Die meisten “Fachbegriffe” aus meinem Bereich sind Englisch, werden aber eben im Deutschen auch genutzt. FOMO klingt halt besser als “AEZV” – die Angst, etwas zu verpassen.
Überprüfe deine Texte und schau, wo sich Fremdwörter oder Anglizismen eingeschlichen haben und ob du sie ersetzen kannst. Manchmal ist das nicht möglich oder du möchtest, dass deine Leser diesen Begriff lernen, weil er halt häufiger auftauchen wird. In dem Fall solltest du ihn aber beim ersten Einsatz kurz erklären. Für Chantal.
Ein letztes Wort zu Anglizismen. Nicht jeder spricht Englisch. Und selbst bei denen, die es gelernt haben, sind die Level sehr unterschiedlich. Es ist nunmal eine Fremdsprache, damit ist die Anzahl der Worte, die wir sicher verstehen, immer geringer als in unserer Muttersprache. Um Missverständnisse zu vermeiden, solltest du – wo möglich – also lieber die deutsche Entsprechung nutzen. Auch wenn die nicht ganz so sexy klingt.
Abgesehen davon wirst du nicht hip oder fancy, nur weil du wie eine 20-jährige Influencerin schreibst 😉
Nutze Storytelling und bildhafte Sprache
Gerade, wenn es darum geht, komplexere oder schwierigere Dinge zu erklären, hilft Storytelling. Wenn du Beispiele bringst, die deine Leser klar nachvollziehen können, erleichtert das enorm das Verständnis.
Meine Jäger und Sammler sind ein Beispiel, das ich nutze, um zu zeigen, warum es schon immer wichtig war, sich verständlich auszudrücken.
Nimm dir mal das meistgelesene Buch der Welt – die Bibel. Über den Inhalt kann man verschiedener Meinung sein. Fakt ist aber, dass diese Art, Geschichten und Gleichnissse zu nutzen, um bestimmte Botschaften zu übermitteln, perfekt funktioniert. Wäre das Buch stattdessen ein klassisches Geschichtsbuch, dass den Stammbaum verschiedener Familien runterleiert, ergänzt um eine Liste mit Regeln fürs Zusammenleben … was meinst du, wie lange wären die Inhalte weitergegeben worden?
So wirst du besser
Jeder Mensch schreibt und kommuniziert anders. Jeder so, wie er oder sie es gelernt hat. Anhand vieler kleiner Puzzel-Teile. Die Familie, Schule, Ausbildung, Freundeskreis und mehr. Wenn du im Moment noch das Gefühl hast, zu sperrig, zu akademisch oder zu Experten-Turm-trocken zu schreiben, kannst du das ändern. Es braucht nur etwas Übung und Zeit.
Mein letzter Tipp an dich für heute: Lies. Besorge dir Fachbücher von Autoren, die eher komplexe Themen behandeln und trotzdem in normalen Bestseller-Listen landen. Die haben den Dreh raus. Schau dir an, wie sie schreiben, wie sie formulieren, Beispiele anschaulich einbinden.
Wie lang sind ihre Sätze, was für Begriffe nutzen sie? Wie lang ist ein Absatz, wie sind die Texte gegliedert? Alles Dinge, bei denen es sich lohnt, genauer hinzuschauen.
Ok, ich hoffe, dieser Überblick hat dir ein paar Anregungen gegeben. Lass mich gern in den Kommentaren wissen, was dir am meisten hilft!