Wie du eigene Texte erfolgreich Korrektur liest und so das Optimum aus ihnen herausholst
Du hörst lieber? Dann hol’ dir deinen Input hier im Podcast:
Wusstest du, dass es eine Sache gibt, die meinen Freunden und Bekannten tierisch auf den Keks geht? Ich bin eine ziemliche Rechtschreib-Zicke.
Wenn meine Deutschlehrerin sehen würde, wie allergisch ich heute auf „rosane Schuhe“ und „aufgehangene Bilder“ reagiere, sie würde sicher schallend lachen.
Deutsch zählte früher nicht unbedingt zu meinen Stärken. Rechtschreibung und Grammatik waren der Bereich, wo ich mir schnell mal die Note verhagelt habe. Ich wollte nie kapieren, warum es so wichtig ist, dass das Komma da steht und nicht woanders. Wen kümmert es denn? Man versteht doch trotzdem, was ich schreibe.
Diese Ansicht hat sich mit den Jahren geändert. Massiv sogar. Ich bin noch immer meilenweit davon entfernt, fehlerfrei unterwegs zu sein. Aber ich bemühe mich, redlich. Warum? Weil ich in meinem alten Job gemerkt habe, wie wichtig eine gute Schreibe ist.
Sei ehrlich – du bekommst einen Werbebrief von einem Versicherungsmakler, der dir ein geniales Angebot macht, der aber lauter Rechtschreibfehler enthält. Nimmst du den Ernst? Hältst du den Absender für kompetent?
Also ich bin da sofort raus.
Korrektes Schreiben ist ein Zeichen von Wertschätzung
Im Geschäftsleben und gerade im Marketing erwarte ich Sorgfalt. Und wenn ich so einen hingeschlampten Text sehe, denke ich: Na das war aber schnell-schnell.
Wichtig bin ich als Kunde offenbar nicht. Und das ist noch die nette Denkweise. Die weniger nette: mein Gegenüber ist ne Dumpfbacke, kann nicht mal seid von seit unterscheiden.
Sieh es mal so: kein Schriftsteller würde seine erste Kladde veröffentlichen. Da wird gekürzt, korrigiert, es gibt extra vom Verlag noch einen Lektor, der das Buch vor der Veröffentlichung überarbeitet. Ganz so weit musst du bei deinen Beiträgen nicht gehen, aber ein wenig Korrektur ist schon ok, oder?
Ok, genug begründet.
Hier kommen meine 9 Tipps, wie du mit wenig Aufwand mehr aus deinem Blogbeitrag holst!
Vor dem Editieren – liegen lassen
Regel Nummer eins: es gibt selten Texte oder Schriftstücke, die sofort, jetzt, in dem Moment des Schreibens veröffentlicht werden müssen. Also übe dich in Geduld und lass die Zeit für dich arbeiten.
Manchmal ist das auch nur eine Nacht. Aber eines kann ich dir garantieren – einen Text zu überarbeiten, den du gerade geschrieben hast, ist zwecklos. Du steckst noch so im Geschriebenen, dass du wahrscheinlich den Großteil der Fehler übersehen würdest. Das ist keine Schwäche von dir. Das ist unser Gehirn.
Du kennst sicher auch die lustigen Bilder, wo nur der erste und der letzte Buchstabe eines Wortes stimmen und der Rest ist wildes Kuddelmuddel. Und trotzdem können wir es lesen. Unser Gehirn möchte schnell und effektiv sein. Es will nicht, wie in der ersten Klasse, Buchstabe für Buchstabe zu Worten zusammenfassen. Sieht es ein Wort, das aussieht wie „Esel“, dann liest es „Esel“. Insbesondere, wenn es ja vor einer halben Stunde gerade „Esel“ als Tipp-Befehl an die Finger gegeben hat. Dumm nur, wenn da dann „Egel“ steht, weil du dich in einer Taste vertan hast.
Also: lass deinen Text liegen. Stephen King empfiehlt, ein fertiges Manuskript solange in der Schublade zu lassen und sich mit etwas Neuem zu beschäftigen, bis man fast vergessen hat, worum es ging. In der Praxis ist das aber nicht wirklich umsetzbar. Trotzdem – je mehr Zeit vergeht, umso besser kannst du editieren.
Gib deinem Korrekturprogramm eine Chance
Ja, ich weiß. Die Korrekturen von Word und Co. sind … sagen wir mal “spannend”. In den letzten Jahren haben sich die meisten Schreibprogramme aber gemausert. Um erste Buchstabendreher und anderen Murks zu finden (den man selbst super-gerne übersieht) nutze die Korrekturfunktion. Schau, was das Programm dir vorschlägt und ob es Sinn macht.
In diesem Rahmen suche ich auch gerne nach meinen typischen Fehlern. Geht es zum Beispiel um die Anrede, hat mich die Suchen-Funktion schon oft davor bewahrt, “Sie” und “sie” durcheinander zu hauen. Klar, das kann ich auch von Hand raussuchen. So ist es aber viel einfacher.
Drucke deinen Text aus …
… und ändere vorher die Schriftart und -größe. Damit schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe. Durch die andere Schriftart (idealerweise ohne Serifen) und -größe verschiebt sich der Text und sieht völlig anders aus als vorher. Und ausgedruckt schaust du nochmal mit ganz anderen Augen darauf.
Ich habe in meinem alten Job wirklich viel Korrektur gelesen. Das meiste, was offiziell das Haus verließ, ging über meinen Tisch. Und ich bin ein Technik-Freak. Ich liebe meinen Mac, kann 10 Stunden am Tag daran arbeiten. Trotzdem habe ich mir alles, was den Umfang einer kurzen Mail überstieg, ausgedruckt.
Es macht einen Unterschied!
Lese laut vor
Klingt vielleicht etwas seltsam, funktioniert aber auch gut. Laut vorlesen hilft dir vor allem, deinen Text flüssiger zu gestalten. Wenn du (so wie ich) ein Kandidat für endlose Schachtelsätze bist, merkst du so, wo du luftholen musst. Spätestens da muss ein Punkt hin und dein Satz geteilt werden. Beim Laut-Vorlesen erkennst du auch gut Wortwiederholungen. Beim Lesen übersiehst du die gerne mal. Ausgesprochen fallen sie auf.
Selbst mit Kommas hilft das Vorlesen. Denn oft kommt ein Komma da, wo du Pause machst.
Lese rückwärts
Funktioniert nicht in Hinsicht auf Grammatik aber für Schreibfehler.
Wenn du deinen Text rückwärts liest, sind die Worte aus dem Zusammenhang genommen. Dein Gehirn muss also wieder neu bewerten und schaut sich so jedes Wort einzeln an. So entdeckst du dann vielleicht die ein oder andere Macke.
Wirf „man“ raus
Nein, nicht deinen Gatten 😉 Lass nur die indirekte Ansprache weg. Und da ist das Wörtchen „man“ ein toller Indikator für.
Indirekte Ansprache klang früher irgendwie edel und hochgestochen. Heutzutage ist sie aber in fast allen Bereichen Mist. Egal, ob du einem Kunden auf eine Reklamation antwortest oder dein neuestes Angebot bewirbst. Stehe zu dem, was du sagst und adressiere deinen Leser direkt. Die Zeiten, wo man dem König nicht in die Augen schauen durfte, sind lange vorbei.
Mit „man kann“ und „man würde“ geht direkte Ansprache nicht. Ändere das. Die Suchfunktion in Word ist super, um die bösen drei Buchstaben zu finden. 😉
Schmeiß den Ballast weg
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wenn mich bei der Erstellung eines neuen Kataloges ein großes leeres Blatt angestarrt hat und ich dort eine 3-Tage-Reise bewerben sollte. Ist schon blöd, wenn das Format so null zum Inhalt passt. Die Seite nur mit Bildern vollpappen war aber auch keine Alternative. Was dann hilft, sind Füllwörter, überflüssige Schwurbelformulierungen und so weiter.
Aber jetzt mal ehrlich – wie oft hast du die Situation, dass du eine bestimmte Fläche irgendwie mit Text füllen musst?
Also. Räume deinen Text auf. Streiche Füllwörter – irgendwie, manchmal, hier, jetzt, auch, aber. Herrje, es gibt so viele. Schau beim Lesen einfach, ob das Wort wirklich für den Sinn des Satzes benötigt wird. Ist es nettes Beiwerk – raus damit.
Sei aktiv! Vermeide Passiv-Konstruktionen
Passivkonstruktionen klingen auch immer irgendwie „elitärer“. Das Dumme an ihnen, sie sind wie „man“, unpersönlich. Besonders schön kannst du das immer bei Politikern sehen, die irgendetwas verkünden, das sie selbst gar nicht vertreten. „Die Fristen für die Verlängerung der Kontaktsperre wurden verlängert“. Ok, Aussage klar. Aber hier geht der Handelnde komplett in den Hintergrund. Wie wäre es denn mit: „Ich habe die Fristen verlängert“. Bähm. Aussage. Klar und deutlich. Da ist jemand bereit, Verantwortung zu übernehmen.
Ok, wie willst du gegenüber deinen Kunden rüberkommen? Als passives Mimöschen oder als die Person, die handelt und Konsequenzen trägt, positiv wie negativ?
Hole dir mindestens zwei Augen dazu
Ok, nur die Augen sind nicht hilfreich. Ein Kopf, der auch noch fit in Deutsch ist, sollte schon mit dabei sein. Und ein Körper, der alles durch die Gegend trägt. Gut, genug Wortklauberei. 😉
Was ich sagen will: lass jemand anderes deine Texte noch einmal, gerne auch zweimal überlesen. Egal, wie gut du bist, du kannst nicht alle Macken finden. Also suche dir jemanden, der gegenliest. Idealerweise tickt dieser Gegenleser sogar wie diejenigen, für die der Text bestimmt ist. Dann stellst du dabei nämlich auch noch sicher, dass nicht nur Schreibfehler rausfliegen. So jemand wird dir auch den Kopf waschen, wenn du dich hinter Fachchinesisch und Beamtendeutsch versteckst.
Wir könnten jetzt hier noch ewig weitermachen. Das ist aber nicht unbedingt nötig. Wenn du die oben genannten Punkte konsequent umsetzt, wirst du sehen, dass deine Texte an Qualität gewinnen und professioneller wirken. Und genau das ist doch das Ziel.
Nochmal kurz zusammengefasst:
- Lass deinen Text so lange wie möglich liegen, bevor du dich der Korrektur widmest (plane aber trotzdem genug Zeit ein)
- Nutze Korrekturprogramme, egal ob die „Überprüfen“-Funktion von Word oder den Duden-Korrektor (übrigens aktuell mit das Beste am Markt)
- Drucke den Text aus und formatiere vorher Schriftart und -größe
- Lese deinen Text laut
- Lese rückwärts Korrektur
- Vermeide indirekte Rede („man“)
- Streiche Füllwörter
- Aktiviere Passivkonstruktionen (übernimm Verantwortung)
- Lass eine zweite Person gegenlesen
Und ganz zum Schluss kommt noch der ultimative Texter-Tipp: Mach dir eine Liste, mit den Fehlern, die dir immer wieder unterlaufen. Diese Liste legst du dir neben den Rechner, wenn du anfängst zu korrigieren. Bei mir sind zum Beispiel ganz typische Buchstabendreher dabei, die ich ständig falsch tippe. Meine liebsten Füllwörter stehen dort auch drauf. Und wo ich das Komma zu inflationär gebrauche. Alles rettet das nicht. Aber es hilft.
Erzähl mal – wie stellst du sicher, dass deine Texte auch vor einem Zicken-Auge wie mir Bestand haben?